Öffentlicher Hilferuf an meine beiden Töchter

Liebe Nini, beste Tochter der Welt,
liebe Bohne, bestes Töchterchen der Welt,

eine von euch Beiden muss mir helfen! Vielleicht auch beide! Es mag etwas unfair von eurem Vater sein, dass ich diesen Wunsch in die Öffentlichkeit hinausschreie. Zwei Gründe habe ich dafür. Erstens wollte ich schon lange der ganzen Welt erzählen, welch tolle Frauen meine zwei Töchter sind. Zweitens möchte ich euch damit drastisch vor Augen führen, wie verzweifelt ich bin, und wie sehr ich eure Hilfe brauche.

Ihr vermutet richtig, Grund für meine Niedergeschlagenheit ist der Virus. Aber anders, als ihr wahrscheinlich denkt. Ich habe keine Angst vor Corona oder Covid oder wie immer das Ding heißt. Und Quarantäne ist für mich kein abschreckender Begriff, sondern erzeugt ein „Kajüten-Gefühl“ wie damals im Toyota Land Cruiser auf der Panamericana. Es ist phantastisch für mich, die tollste Frau der Welt immer um mich zu haben. Ich sollte also wunschlos glücklich sein. Wunschlos bin ich, aber glücklich nicht so ganz. Warum nicht?

Weil eure Mutter so oft traurig ist. Ein bisschen verstehe ich das ja. Da haben wir sechs wunderbare Enkelkinder, aber fünf davon leben in Kanada. Weit weg von uns. So verdammt weit weg, dass selbst mir manchmal zum Heulen ist. Lange, lange ist es her, dass wir sie gesehen haben. Dieses Jahr wird das auch nichts mehr mit einem Wiedersehen.

Wenigstens haben wir jetzt ein Enkelkind in Deutschland, das unsere Situation als Oma und Opa etwas erträglicher gestaltet – so dachten wir – so war es -bis vor sechs Wochen. Dann kam der blöde Virus. Jetzt kann meine Frau den Kleinen nicht mehr in den Arm nehmen und ich habe niemanden mehr, der so begeistert über meinen Blödsinn lacht wie mein Enkelsohn. Der ist nämlich erst ein halbes Jahr alt und versteht schon alle meine Späße.

Nun zur Frage, wie ihr mir helfen könnt. Ich versuche ja alles, um meine Frau immer wieder aufzuheitern, was nach fast fünfzig Jahre Ehe nicht immer ganz einfach ist. Bevor ich euch nun von meinem genialen Einfall berichte, erzähle ich euch vorher von meinem letzten gescheiterten Versuch, die Laune eurer Mutter ein ganz klein wenig zu verbessern.

Letzte Woche hatte der Kleine eure Mutter angeschaut. 15 Minuten lang hatte er in 1,5 Meter Entfernung eure Mutter angestrahlt. Mich natürlich auch, aber bescheiden wie ich bin- das war nicht so wichtig. 15 Minuten lang war meine Frau absolut glücklich. Als er gegangen war, kamen 15 schreckliche Minuten.

Meine Frau ging zurück in ihren Sessel und sagte kein Wort. Geweint hat sie nicht. Eine Frau, die aus den endlosen Weiten des kanadischen Westens kommt, die bei MINUS 40 Grad zur Schule gegangen ist, die bei MINUS 20 Grad im T-Shirt zum Briefkasten gelaufen ist, weint nicht. Aber ihre Augen glänzten so silbrig und weil ich sie liebe, habe ich ihre inneren Tränen gesehen.

Da kam mir, wie ich meinte, ein genialer Einfall. Ich kniete vor sie hin, machte mit meinem Mund Bewegungen wie ein verliebter Karpfen und stieß den Vokal „A“ in ganz verschiedenen Lauten aus. Zwischen einem lang gedehnten „Aaaahhhhh“ (wie nach einem kühlen Bier) und einem kurzen, abgehackten „A a a a“ (wie wenn ein Baby die Windeln füllt) war alles dabei.

Zuerst hat sie mich leicht verstört angeschaut. 15 steile Falten über der Nasenwurzel signalisierten Unverständnis und -schlimmer für mich- Missmut. „Was soll das?“, presste sie hervor.

Ich: „Aber Schatz, siehst du denn nicht?!? Ich bin doch dein Enkel! Erkennst du denn nicht wenigstens meine Mundbewegungen? Merkst du nicht, wie heftig ich auf dich reagiere? Schon seit einem halben Jahr! Schon seit meiner Geburt mache ich das doch!“

Nach 5 Sekunden kam dieses wunderschöne Lächeln, das ich so an ihr liebe. Sie hat gelächelt, Leute! Sie hat wirklich gelächelt, wenn auch nur für 5 Sekunden. „Du lächelst“, sagte ich glücklich. Ihre Antwort: „Ja, aber das Lächeln ist nicht für dich. Es ist für meinen Enkelsohn!“ Dann lächelte sie noch einmal.

Und diesmal war es für mich. Da bin ich mir sicher, denn sie sagte den Satz, der in ihrer spärlichen „Lobesliste“ ziemlich weit oben steht. Sie sagte: „Du spinnst!“

Nun aber endlich zu meinem zweiten, wieder genialen Einfall, zu dessen Realisierung ich aber euch brauche.

Bitte Mädels bringt mir das Tanzen bei! Dann mache ich mit euch ein Video wie das zu dem weiter unten der Link führt. Eure Mutter wird glücklich sein. Ihr Glück wird die Quarantäne bei weitem überdauern. Und anschließend kann sie ja ihren Enkelsohn wieder knuddeln.

Bitte unbedingt erst fertiglesen, bevor ihr das Video anschaut!!!!!!!!!!!!!!!!
Aber eines kann ich euch jetzt schon sagen:

Den Vater in dem Video steche ich in jedem Falle aus!
Meine Kopfbedeckungen ist schöner als seine. Ich werde eine Kappe von den Edmonton Oilers auf meinem Kopf haben.
Mein T-Shirt wird mit einer großen kanadischen Flagge verziert sein.
Mein Bauch darunter ist nicht so dick. Außerdem werde ich auf diese Session hin noch weiter abspecken.
Meine Bewegungen werden nach wenigen Übungen mit euch viel anmutiger sein als seine.
Und dass meine Mundbewegungen passender sind als seine, habe ich bereits bewiesen (siehe Beispiel oben!)
Echt Glück für mich ist, dass ich nicht singen muss. Das kann ich nämlich nicht. Ich muss nicht singen, weil er auch nicht singt. Und eines kann ich euch jetzt schon garantieren: „Meine Mundbewegungen werden viel graziler sein als seine!“

Etwa in der Mitte des Videos locken Vater und Tochter die Mutter aus ihrem Versteck und aus der Reserve. Und die Frau lacht und singt und tanzt mit!!! Und wie gut sie tanzen kann! Und wie schön sie ist! Und wie sie lacht!
Sorry, ich greife vor. Hatte soeben eure Mutter vor Augen.

Meine lieben Töchter, Vater und Tochter aus diesem Video zu schlagen, wird schwierig. Sie peilen bereits eine Million Klicks an. Aber Mädels, euer Vater ist ein Spätzünder, aber ich kann noch voll aufdrehen. Wir machen das Video zu dritt. Dann knacken auch wir die Million!

Bis zum Zerreisen gespannt warte ich auf eure Antwort
euer euch sehr liebender Vater

So, jetzt könnt ihr hier klicken:

Vater und Tochter